Wie der Name schon sagt, bot unser Salon ‚słodko-słony’ – Süßes und Salziges – aber nicht nur. Eingangs aufgetischt und ausführlich theoretisiert wurden słoneczniki, Sonnenblumenkerne – nicht nur in ihrer kulinarischen, sondern vor allem auch sozialen und internationalen Dimension. Appetit- und gesprächsanregend zugleich!
Unruhe und Stress sind typisch für die Vorweihnachtszeit – nicht so an unserer Tafel, denn womit ließen sich strapazierte Nerven besser beruhigen als mit einem guten, also sehr roten Barszcz? Die Gäste an der Tafel kamen mit dieser kulinarischen Wohltat noch ein Stück weiter an, ob mit oder ohne Flecken. Es folgten saure Gurken, ummantelt von Schinken mit Senf oder Meerrettich – Röllchen, von denen einige zusätzlich mit eingelegtem Spargel versehen waren. Die Dimension des Salzigen wurde damit um die Frage ‚grob oder fein‘ ergänzt. Ging es hier ganz grobschlachtig um die Lust auf Fleisch, die sich in manchen Lebenslagen einschleicht und durch eine fein anspinnende Äußerlichkeit kaschiert werden soll? Nein, lautete prompt eine ergänzende Expertise, die begleitet wurde von feingewürfelter Wurst und Gurke: je kleiner die Stückchen, desto mehr kulinarische Wirkung auf der Zunge, das beweise auch der polnisch-klassische millimeterfein gewürfelte Kartoffelsalat.
Wir gingen eine ‚Lektion‘ weiter, die da hieß: das Auge isst mit. Ein feuriges Kochbuch offenbarte im Foto-Comic-Stil nicht nur Rezepte und Kochanleitungen, sondern vor allem auch das offenherzige Dekolleté der Köchin. Sprachlosigkeit stellt sich nicht nur bei der Beschenkten ein: dieses ‚pikante Detail‘ wurde ‚übersehen‘, als das Buch der jungen Nichte geschenkt wurde. Klar wurde dabei: die Tafel war bereits sicher angekommen beim Thema Weihnachten und den Fauxpas, die bei keiner Wigilia, bei keinem heiligen Abend ausbleiben. Wenige allerdings kannten die schlesische Hanfsuppe siemieniotka. Was für eine Tortur, den Hanf dafür zu erstehen! Fündig wird man in der Tierfutterabteilung – womit deutlich wird: so mancher Vogel entpuppt sich vor Weihnachten als wahrer Feinschmecker.
Klassischerweise näherte sich die Tafelrunde nach diesen Anekdoten oder kulinarischen Gängen den Desserts. Der von Oma tradierte makowiec, also Mohnkuchen, ist es wert, alljährlich ein anspruchsvolles Pensum der Vorbereitung auf sich zu nehmen. Überzeugend dabei: die Sehnsucht nach echter Auszeit, dem Sinn fürs Wesentliche oder einfach nur der Konzentration aufs handwerkliche Tun. Ansonsten bleiben immer noch delicje. Ein softes Teigteilchen, umspielt von zarter Schokolade, traditionell gefüllt mit einem saftigen Orangengelee. In Deutschland profan auch nur »Softcake« genannt. Manchen schmeckt diese Süßigkeit jedenfalls nach dem goldenem Westen der 80er Jahre. Schön, dass dann doch noch ein Gurkenglas kommt. Nun als Zeichen dafür, endlich ein ‚echter Brandenburger‘ zu sein. Unsere schlicht gedeckte Tafel war jedenfalls gut gelaunt besetzt. Für die einen waren vielleicht kulinarische Offenbarungen dabei, für die anderen ein bissfester Happen oder ein verträumter Augenblick. Wie auch immer, wir haben den Abend sehr genossen und freuen uns auf jeden weiteren Austausch von Anekdoten, ja: auch kulinarischen! mit Euch.